Wir streiten für die Durchsetzung einer sozial gerechten, wirksamen Klimaschutzpolitik - bei dir vor Ort und auf der Welt.

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Kommentar zum Papier des Koalitions-Ausschusses vom 29.03.2023

2. April 2023

Diesen Beschluss hat das SPD Klimaforum auf seinem Plenum am 30.03.2023 gefasst.

Lieber Olaf, liebe Bundes-MinisterInnen der SPD,

wir – das SPD-Klimaforum – sind eine 2021 gegründete, bundesweit aktive Basisorganisation der SPD. Wir sind kein offizielles Parteiorgan. Wir vereinen aktive SPD-Mitglieder aus vielen Distrikten, die vor Ort und im Bund für Energiewende, für Verkehrswende, für Ressourcenschonung und für Biodiversität eintreten.

Die Themen Klimaschutz und Transformation unseres Landes gehören zu den wichtigsten Fragen der Zeit. Mit dieser Schwerpunktsetzung sind wir nicht allein in der SPD, siehe die wichtigste Frage der SPD-Mitgliederbefragung in 2019: „Wie ist Eure Antwort auf die Klimakrise?“.

Die SPD muss für eine lebensfähige Zukunft stehen. Der neue IPCC-Bericht macht klar, dass es ohne entschlossenen Klimaschutz keine Zukunft für den Menschen geben wird. Dies erfordert, nicht nur die Industrie zu beachten, sondern entschlossen die Dekarbonisierung in allen Bereichen des Lebens voranzutreiben. Nur so werden wir auch von milliardenteuren fossilen Brennstoffimporten unabhängiger.

Wir vermissen eine konkrete sozialdemokratische Klimaschutz-Agenda.

Unser Fazit:

Wir halten das Papier des aktuellen Koalitionsausschusses beim Klimaschutz neben einzelnen positiven Vereinbarungen in Teilen für zu wenig ambitioniert oder sogar rückschrittlich.
Wir fordern mehr Konsequenz und Tempo für einen sozialen Klimaschutz!

Hier sind unsere wichtigsten Aspekte und Anmerkungen zum Koalitionspapier.

  1. Das Klimaschutzgesetz ist abgeschwächt – das ist inakzeptabel.
    Die SPD hat das Klimaschutzgesetz ursprünglich verhandelt. Seine Entschärfung zugunsten einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung schwächt die Klimaanstrengungen in den jeweiligen Sektoren. Damit wird etwa der Verkehrssektor begünstigt, der zuletzt nicht nur die Sektorziele deutlich verfehlte, sondern sogar im Vergleich zum Vorjahr mehr emittierte. Dies ist ein inakzeptabler Rückschritt – gerade in Zeiten, in denen das Tempo erhöht werden müsste.

Koalitionsvertrag: „Alle Sektoren werden einen Beitrag leisten müssen: Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft. Die Einhaltung der Klimaziele werden wir anhand einer sektorübergreifenden und analog zum Pariser Klimaabkommen mehrjährigen Gesamtrechnung überprüfen. Basis dafür ist das jährliche Monitoring…“

Damit bleibt das Papier des Koalitionsausschusses unserer Einschätzung nach erheblich hinter dem Koalitionsvertrag 2021 zurück.

  • Schiene vor Straße! Nur so klappt die Verkehrswende.
    Die zusätzlichen Investitionen in die Schienen-Infrastruktur sind grundsätzlich zu begrüßen. Ausbau und Modernisierung der Schiene sind dringend nötig! Planungs- und Umsetzungsbeschleunigung sind daher erforderlich und richtig. Die Sanierung bestehender Verkehrsinfrastruktur – Straße und Schiene – ist darüber hinaus auch sinnvoll. Das falsche Signal ist aber die Beschleunigung von Autobahnprojekten mit dem Ziel des Aus- oder Neubaus. Verkehrsfluss als Kriterium verkennt beispielsweise die Notwendigkeit, Verkehrsströme zu reduzieren. Weiterhin induziert neue Verkehrsfläche zusätzlichen Verkehr. Auch wird ein Stauschwerpunkt allenfalls verlagert, aber nicht gelöst. Die hier verfolgten Ansätze schaffen Verkehr, setzen kontraproduktive Anreize und binden Ressourcen, die viel besser in der Schiene verwendet würden. Statt zielstrebig für die Emissionsreduktion im Verkehrsbereich einzutreten, wird hier ein Spagat versucht, der zum Scheitern verurteilt ist. Straßenaus- und Straßenneubau gehen nicht zusammen mit Klimaschutz.
  • E-Antrieb first! Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Ausschüttung von Fördergeldern und der Fokus auf E-Fuels falsch.
    E-Antriebe haben eine überragende Effizienz und sind der wichtigste Weg zu Klimaschutz im Verkehr. Andere Antriebe wie Wasserstoff und E-Fuels verbrauchen ein Vielfaches der Energie von E-Antrieben. Den Schwerpunkt überraschend und übermäßig auf E-Fuels zu legen, ist zum jetzigen Zeitpunkt verwirrend und falsch. Jetzt ist entscheidend, dass die SPD das Verständnis für die überragende Effizienz von E-Antrieben in der privaten Mobilität laut vertritt und die Ausstattung der Netze und Ladeinfrastruktur und damit die Akzeptanz entscheidend vorantreibt. Wir haben begrenzte Mittel, darum sollten wir keine zusätzliche Förderung von E-Fuels und einer weiteren Tank-Infrastruktur anstoßen. Die aktuelle SPD-Position muss sein: E-Antriebe FIRST.

Koalitionsvertrag: „…Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können.“

  • Die Chance des Klimageldes wird nicht genutzt: Wo bleibt der soziale Ausgleich?
    Es fehlt ein sozialer Ausgleich für die Erhöhung des CO2-Preises in den Bereichen Verkehr und Wärme. Hier könnte die SPD punkten, indem sie den Blick auf die Verursacher der Klimakrise richtet, deren finanzielle Leistungsfähigkeit hoch ist, und ergänzend ein sozial ausgewogenes und gerechtes Klimageld einführt. Es irritiert sehr, dass dieser Punkt, der noch im Koalitionsvertrag erwähnt wurde, nun im Papier des Koalitionsausschusses komplett fehlt.

Koalitionsvertrag: „… halten wir aus sozialen Gründen am bisherigen BEHG-Preispfad fest. …. Um einen künftigen Preisanstieg zu kompensieren und die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld).“

  • Kommunen stärken, Verwaltungen ertüchtigen
    Da viele Aufgaben der Transformation kommunal umgesetzt werden müssen, ist eine Stärkung der Kommunen durch Entschuldung und finanzielle Ausstattung dringend erforderlich. Es reicht nicht aus, zur Ertüchtigung der Verteilnetze aufzurufen (Seite 12), ohne klarzustellen, welche Unterstützung der Bund für Kommunen, Stadtwerke etc. beisteuern wird.
  • Klimaschädigende Subventionen abbauen!
    Wir fordern, dass sofort umweltschädigende Subventionen – z.B. im Flugverkehr – abgeschafft werden. Kurzstreckenflüge und Regionalflugzeuge (Seite 14) müssen durch Schienenmobilität ersetzt werden. Subventionen, die den Klimawandel fördern und die Gesellschaft Geld kosten, sind zu beenden.

Diese Punkte sind einige der Bausteine einer konkreten sozialdemokratischen Klimaschutz-Agenda mit sozialem Ausgleich, der wirklich niemanden zurücklässt. Hiermit sollte die SPD in der Koalition besser zu erkennen sein.
Insbesondere bei Dir, Olaf, fehlt uns bislang ein resolutes Auftreten pro Klimaschutz.

Unsere Ansätze und Anregungen finden SPD-Mitglieder auch im Roten Netz BW.

Glück auf und Rückenwind PRO KLIMASCHUTZ vom Plenum des SPD-Klimaforums, 30.3.2023