Berlin. Im Sommer 2022 konnten sich viele Menschen, darunter Familien, Geringverdiener:innen, Rentner:innen und Studierende, das erste Mal ein paar Urlaubstage leisten. Das 9-Euro-Ticket hat in Freizeit, Beruf und Privatleben für maßgebliche Entlastungen gesorgt. „Das Angebot war ein voller Erfolg. Dass es nicht lückenlos verlängert wird, ist ein Skandal“, sagt Daniel Wilkening vom Klimanetzwerk SPD.Klima.Gerecht. “Es braucht jetzt ab spätestens Oktober eine schnelle und unbürokratische Lösung, die vor allem Familien und Geringverdienende nicht alleine lässt.“
Koalition muss sich einigen
Trotz nahezu durchweg positiver Resultate hat sich beispielsweise FDP-Minister Christian Lindner lange gegen eine Verlängerung ausgesprochen. Erst am Mittwoch äußerte er sich offen für eine Weiterführung – ohne jedoch Finanzmittel zuzusagen. „Dass man seit Jahren und Jahrzehnten klimaschädliche Subventionen finanzieren kann, stellt der Minister nicht infrage. Ein sozial gerechtes Angebot, das viel Teilhabe mit sich bringt, scheint die FDP nicht ernsthaft verlängern zu wollen. Das dürfen SPD und Grüne sich nicht bieten lassen“, betont Jessica Stolzenberger (23), die sich seit einigen Monaten bei Klima.Gerecht engagiert.
Öffentliche Verkehrsmittel stärker priorisieren
Noch immer wird besonders in ländlichen Gebieten ein Auto benötigt, um Bahnhöfe oder andere Infrastruktur zu erreichen. „Das ist das Resultat falscher politischer Entscheidungen und einer Verkehrspolitik, die einzig und allein das Auto im Fokus sieht“, sagt Stolzenberger. Trotzdem gab es im ländlichen Raum in den betreffenden Monaten von Juni bis August einen Anstieg der ÖPNV-Nutzenden. „Das zeigt, dass die Menschen sich eine Verkehrswende wünschen“, so Daniel Wilkening, der im ländlich gelegenen Schaumburg, Niedersachsen, wohnt. „Der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel, besonders auf dem Land, darf nicht länger eine Symbol-Forderung bleiben, sondern muss endlich umgesetzt werden.“
Klimanetzwerk fordert Verlängerung
Die überfüllten Bahnsteige nach Einführung des 9-Euro-Tickets zeigten anschaulich, wie dringend der Ausbau der Infrastruktur nötig ist. „Wir als Gesellschaft sind bereit“, sagt Jessica Stolzenberger. Das Geld dafür sei vorhanden, werde gegenwärtig allerdings nicht für die richtigen Zukunftsinvestitionen genutzt. „Für eine wirkliche Offensive im ÖPNV- Ausbau müssen klimaschädliche Subventionen gestrichen werden“, betont SPD.Klima.Gerecht in einer Stellungnahme. Dass Kanzler Olaf Scholz diese Thematik nun laut Medienberichten zur „Chefsache“ erklärt hat und ein Folgeangebot auch auf der Klausurtagung der Bundesregierung diskutiert wurde, bestätige das Netzwerk in seiner Haltung. „Wir wollen Mobilität und damit Teilhabe für alle und nicht nur für diejenigen, die sich ein überteuertes Bahnticket oder sogar ein Auto leisten können. Das 9-Euro-Ticket muss schnellstmöglich verlängert werden“, fordert Stolzenberger.